Regierungswechsel in Spanien

Ministerpräsident Mariano Rajoy wurde gestürzt

Das  spanische Parlament hat Mariano Rajoy abgewählt. Das Parlament hat dem Regierungschef das Misstrauen ausgesprochen. 180 Abgeordnete stimmten für den Antrag, es waren 176 Stimmen nötig gewesen. Die PSOE hatte den Mißtrauensantrag gestellt und wurde dabei von der Partei Podemos und 2 separatistischen Parteien aus Katalonien unterstützt. Die Coalición Canaria hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Was soll man davon denken?

Mariano Rajoy war seit 2011 Ministerpräsident. Zum ersten Mal in der jungen Geschichte der spanischen Demokratie, wurde ein Ministerpräsident durch einen Misstrauensantrag gestürzt.

Höchstwahrscheinlich wird König Felipe VI dem Chef der Sozialisten, Pedro Sánchez, mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Zuvor muss Rajoy beim König seinen Rücktritt einreichen. Rajoy ist davon überzeugt, dass er das Land besser verlässt, als er es 2011 vorgefunden habe. Er hält sich für den aktuellen Aufschwung des einstigen Krisenlandes verantwortlich. Jedoch könnte das Land, ohne diesen Korruptionsskandal, heute sicherlich weitaus besser darstehen.

Was ist passiert?

Die PSOE hatte den Misstrauensantrag gestellt, nachdem zuvor ein Gericht zwei führende Vertreter der PP (Partei von Ministerepräsident Rajoy), wegen Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt hatte. Insgesamt wurden 29 Personen, wegen Korruption, Geldwäsche, Bestechung und Unterschlagung, angeklagt und zu insgesamt 351 Jahren Gefängnis verurteilt. Die beiden Hauptangeklagten sind der Geschäftsmann Francisco Correa und der ehemalige Schatzmeister der PP, Luis Bárcenas. Correa wurde zu 51 Jahren Haft und Bárcenas zu 33 Jahren Haft und einer Geldstrafe von 44 Millionen Euro verurteilt.  Diese Korruptionsaffäre, die den Namen Gürtel-Affäre trägt (nach dem Angeklagten Correa), begleitet Spanien nun schon seit fast 10 Jahren. Es wurden Gelder veruntreut, falsche Rechnungen ausgestellt und Beamte und Politiker bestochen. Insgesamt sollen über 1 Milliarde Euro beiseite geschafft worden sein. Bereits letztes Jahr hatte das Oberste Gericht von Valencia, den PP-Politiker Pablo Crespo, Francisco Correa und Álvaro Pérez zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Jedoch verhängten die Richter diesmal nicht nur Haftstrafen, sondern auch eine symbolische Strafe von 245.000 Euro gegen die PP. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die gesamte Partei aktiv an dem Korruptionsskandal daran beteiligt war. Der spanische Staatsgerichtshof, hat die PP als Nutznießerin des größten Korruptionsskandals des Landes seit 4 Jahrzehnten bezeichnet. Zum ersten Mal wurde in Spanien eine ganze Partei verurteilt, vielleicht sogar weltweit? Jedoch will die PP gegen das Urteil Berufung einlegen. Laut dem Pressebüro der PP hätte niemand in der Partei von den irregulären Praxen gewusst oder sei gar darin verwickelt.

Ende der 90er Jahre fing alles ganz harmlos an. Der Geschäftsmann und Unternehmer Francisco Correa organisierte für die PP nur Kongresse und Veranstaltungen, bis jemand auf die Idee kam, die Beziehungen für illegale Geschäfte auszuweiten. Öffentliche Aufträge wurden zu überhöhten Preisen an befreundete Unternehmen vergeben. Unternehmen bestachen in Form von Reisen und Veranstaltungen um Aufträge zu bekommen. Teilweise wurde das Geld direkt in Form von Wahlkampfhilfen oder Spenden eingezahlt. Direkter Ansprechpartner von Francisco Correa war der damalige Schatzmeister Luis Bárcenas, der die Einnahmen verbuchte und sich selbst Geld auf schweizer Konten überwies.

Aufgrund seiner Dimension wurde die Korruptionsaffäre in 10 einzelne Gerichtsverfahren unterteilt. Das aktuelle Urteil umfasst alleine 1.687 Seiten.

Was folgt nun?

Pablo Sánchez der PSOE wird neuer Ministerpräsident. Jedoch verfügt die sozialistische Partei nur über 84 Abgeordnete im Parlament. Die Konservativen der PP haben 134 Sitze. Auch Mariano Rajoy führte seit der Wahl 2016 eine Minderheitsregierung. Dabei waren mehrere Wahlen notwendig, bis sich die Parteien seinerzeit auf den konservativen Mariano Rajoy einigen konnten. Vermutlich wird Pablo Sánchez, der seinerzeit als Verlierer hervorging, Neuwahlen ausrufen.

Parteien in Spanien:

  • PP: Partido Popular (rechtskonservative Volkspartei)
  • PSOE: Partido Socialista Obrero Español (Spanische Sozialistische Arbeiterpartei)
  • IU: Izquierda Unida (Vereinigte Linke)
  • UPyD: Unión Progreso y Democracía (Union Fortschritt und Demokratie)
  • Podemos (Wir können)
  • C's: Ciudadanos (Bürger)
  • CC: Coalición Canaria (Kanarische Koalition)

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