Was läuft falsch auf Teneriffa?

Trotz des Touristenboom sind 45% der Einwohner von Armut bedroht

Teneriffa ist einmalig. Teneriffa hat den höchsten Berg Spaniens, den Pico del Teide mit 3.718m Höhe. Teneriffa ist 84km lang und 54km breit. Teneriffa hat verschiedene Klimazonen auf kleinster Fläche. Teneriffa hat Strände, Berge, Schluchten und Wälder.

Aber irgendetwas stimmt nicht auf der größten der 7 Kanarischen Inseln.

Teneriffa lebt hauptsächlich vom Tourismus. Der Tourismus stellt 40% aller Arbeitsplätze auf Teneriffa und 35% des Bruttoinlandsprodukts. Teneriffa hat offiziell ca. 1.000.000 Einwohner und wird jährlich von ca. 6.000.000 Touristen besucht. Die Insel erweckt den Eindruck, dass sie überfüllt ist, der Straßenverkehr zusammenbricht und ein Hotel oder nach dem anderen aus dem Boden gestampft wird. Dabei beansprucht der Tourismus nur 3% der Gesamtfläche der Insel. Fast die Hälfte der Insel steht unter Naturschutz und ein Viertel Teneriffas besteht aus Waldfläche.

Auf der Insel wuseln täglich die Einwohner und die Touristen von einem Ort zum anderen. Die Einheimischen im eigenen Auto und die Urlauber im Mietwagen. Die Tourismus-Hochburgen liegen im Süden der Insel, hauptsächlich an der Costa Adeje in der Gemeinde Adeje, sowie in Playa de las Américas und Playa de Los Cristianos in der Gemeinde Arona. Dort wohnen die meisten Touristen in den neuen großen Hotels und dort gibt es die meisten Arbeitsplätze. Die Einkommen sind auf Teneriffa extrem niedrig. Gerade erst hat die neue sozialistische Regierung in Madrid den Mindestlohn in Spanien auf 900 Euro brutto erhöht. Eine Wohnung im Süden, in der Nähe der Touristenhochburgen ist nicht bezahlbar. So macht sich tagtäglich früh morgens eine Karawane aus dem Norden gen Süden auf den Weg und ab 15.00 Uhr nachmittags wieder zurück. Die Nordautobahn zwischen Puerto de la Cruz, der ehemaligen Touristenhochburg früherer Jahrzehnte, und der Hauptstadt Santa Cruz ist fast jeden Tag während der Rushhour total verstopft. Kommt es dann noch zu einem der vielen Auffahrunfälle, geht erst einmal gar nichts mehr. Nicht selten brauchen die Fahrer für 40km über anderthalb Stunden.

Die Inselregierung hatte eine Touristensteuer, eine Art Kurtaxe, ins Auge gefasst. Jedoch wurde der Plan wieder verworfen. Die Hotelverbände haben einen extrem großen Einfluß auf die Politik Teneriffas. Es scheint als hätten die Politiker Teneriffas Angst vor den großen Reiseveranstaltern. Derzeit ist eine Mietwagenabgabe über 5€ am Tag im Gespräch, jedoch noch nicht verabschiedet. Jahrelang haben die Hotelverbände dafür gesorgt, dass die private Ferienvermietung nicht erlaubt war und mit extrem hohen Strafen belegt wurde. Erst vor kurzem wurden diese Gesetze von dem Obersten Gerichtshof Spaniens als widrig erklärt. Jedoch beschweren sich auch die Reiseveranstalter und die Verbände der Geschäftsleute über das zu hohe Verkehrsaufkommen und fordern eine weitere Spur auf der Süd-Autobahn, neue Zu- und Abfahrten und Brücken. Jedoch werden weitere Strassen das Problem sicherlich nicht lösen. Erst vor kurzem wurde der Bau eines neuen 5*-Hotels am einmaligen Naturstrand Las Tejistas bei El Médano genehmigt.

Bei der Ökologie Teneriffas kommt der Nachhaltigkeitsplan viel zu kurz. Der Grundwasserspiegel sinkt. Das Abwasser wird unzureichend oder gar nicht geklärt ins Meer geleitet. Die Müllrecyclingrate ist sehr niedrig. Es gibt zwar ein paar Windkrafträder, aber ein Großteil der Energie wird aus Dieselkraftwerken generiert. Trotzdem wünscht man sich immer mehr Touristen und baut immer mehr Luxus-Hotels. Auch leiden die zwischen La Gomera und Teneriffa beheimateten Delphine und Wale unter dem Ansturm der Ausflugsboote. Der Flugverkehr hat extrem zugenommen und der Süd-Flughafen Reina Sofia muss weiter ausgebaut werden, um mit dem ständig steigenden Passagieraufkommen standhalten zu können. Fast täglich landen große Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Santa Cruz, für den extra ein neuer Terminal für Kreuzfahtschiffe eröffnet wurde.

Es kommen nur noch ca. 9% Prozent der Lebensmittel von den Kanarischen Inseln, der Rest wird importiert. Es gibt immer weniger Bauern und Landwirte. Die ehemaligen Agrarflächen liegen brach und erodieren. Derzeit hat Teneriffa die höchsten Bodenpreise Spaniens. Die Kanaren haben die höchste Rate an übergewichtigen Menschen und Diabetikern in ganz Spanien. Was auch auf die schlechte und importierte Fastfood-Ernährung zurückzuführen ist. Die medizinische Versorgung des spanischen Gesundheitssystems der Kanarischen Inseln gehört zu der schlechtesten in ganz Spanien. Nicht selten müssen die Einwohner monatelang auf einen Besuch beim Facharzt oder jahrelang auf einen OP-Termin warten. Der vor über 20 Jahren beschlossene Bau des Südkrankenhauses ist noch immer nicht fertiggestellt. Durch die hohe Anzahl der europäischen Überwinterer auf den Kanaren droht das Gesundheitssystem zu kollabieren, es fehlt einfach an Ärzten, Krankenhäusern und Gerätschaften. Ohne Beziehungen geht oft gar nichts, so dass sich diejenigen, die es sich leisten können, zusätzlich eine private Krankenversicherung abschliessen müssen.

Die Jugendarbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen auf den Kanaren beträgt immer noch mehr als 40% und bei den unter 20-Jährigen sogar 67,7%. Die Arbeitslosigkeit ist im Norden Teneriffas viel höher als im Süden und liegt je nach Gemeinde zwischen 12,78% und 27,72%.  Viele Canarios und Migranten haben während der letzten Immobilienkrise ihre Wohnung verloren und besetzten illegal leerstehende Häuser oder von den Banken zwangsgeräumte Wohnblöcke.

So langsam wäre es an der Zeit den Tourismus neu zu überdenken und in eine andere Richtung zu lenken.

Weniger Strand- und Partytourismus. Mehr Angebote für Naturliebhaber und Wanderer. Weniger Quantität und mehr Qualität. Teneriffa braucht kaufkräftige Besucher, die ihren Urlaub nicht nur in All-Inclusive-Hotels auf der Poolliege oder am Strand verbringen wollen, sondern auch die umliegenden gastronomischen Lokale besuchen und außerhalb der Hotels Geld ausgeben. Das Geld, das die Reiseveranstalter einnehmen, sollte auch auf den Kanaren ankommen. Die jungen Canarios müssen besser ausgebildet werden, so dass auch sie eine Chance bekommen in den großen Hotels zu arbeiten. Der öffentliche Nahverkehr müsste ausgebaut und interessanter gestaltet werden, damit weniger Pkws die Straßen blockieren. Die Mietwagenpreise sollten angehoben werden. Es fehlt an Sozialwohnungen für die Bewohner im Süden der Insel.

Bisher haben die Kanarischen Inseln von allen Krisen und Katastrophen auf diesem Planeten proftiert, jedoch brauchen sowohl Teneriffa als auch seine Bewohner eine langfristige Perspektive und nachhaltigen Tourismus. Sonst bleiben eines Tages die Touristen weg.

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Kommentare: 6
  • #1

    roger stoffels (Montag, 07 Januar 2019 11:18)

    eines der größten probleme sehe ich in den kreuzfahrtschiffen , die urlauber frühstücken am bord weil sie ein rund um paket haben(der müll bleibt natürlich auf der insel im falle eines lunchpaketes ) ,die ausflüge werden von den reiseveranstalltern organisiert mit ihren eigenen bussen und somit können die taxifahrer schon mal nichts mehr an ihnen verdienen. meist wird morgens ein kurzer ausflug gemacht, gegessen wird natürlich mittags auf dem schiff und nach dem mittagessen wird dann ein ausflug zum loropark oder teide gemacht und anschließend wird wieder auf dem schiff gegessen. außer müll lassen die touristen nicht viel geld da . und dann verläßt das stinkende schiff teneriffa und fährt zur nächsten insel wo wieder mal das gleiche spielchen abgeht. tui ,ltu uswhat alles in ihren händen und die geschäftsleute haben leider nicht viel davon ... das ist eins der großen probleme und dann kommen wie im bericht geschrieben die hotels mit ihrem all-inn ... diese können ihren angestellten auch keinen großen lohn zahlen weil sie konkurrenzfähig mit den anderen urlaubsländern wie türkei usw bleiben müssen .ein teufelskreislauf eben ...

  • #2

    Sonja W. (Montag, 07 Januar 2019 21:30)

    Die Einheimischen müssten besseren Zugang zu wirklich guten Bildungsangeboten haben. Immer, wenn wir uns freuen, in einem Restaurant gut bedient zu werden oder die Einrichtung gepflegt erscheint, stellen wir im Nachhinein fest, dass der Besitzer auf dem Festland oder sonstwo in Europa gearbeitet hat, mit einer Deutschen verheiratet ist etc.

    Der Umgang mit Arbeitskräften ist unterirdisch. Wenn ein Mitarbeiter nicht spurt ist er gleich wieder weg. Man holt einfach den nächsten Bewerber, ausgebildet wird minimal.

    Es ist so schade, dass die Tinerfenos oft die Vorzüge ihres Zuhauses gar nicht erkennen können. Oft braucht es auch nicht viel an Aufwand, um etwas zu verbessern.
    Mallorca ist auf gutem Weg. Vieles ist auch dort im Argen, doch gedeihen dort und da kreative, gut strukturierte Betriebe, die achtsam mit den Ressourcen umgehen und ein neues Verständnis für den Tourismus und die Ökologie an den Tag legen.
    In vielen Foren geht es auch immer nur darum alles günstig zu bekommen. Die Angebote fehlen auch nicht: Putzfrau 10 Euro die Stunde, Spanischkurs 15 Euro die Stunde. Mir scheint es so, als hätten die Einwohner immer nur die Idee, es laufe alles nur über den Preis. Qualität als Kaufentscheidung einzubeziehen ist Ihnen irgendwie fremd.

    Wenn man Qualität sucht und bereit ist, sie zu bezahlen stellt sich das in Teneriffa immer als Knacknuss heraus.

    Die Insel ist ein Juwel. Dumm nur, dass das anscheinend nur die Touristen so sehen und die Einheimischen ihr Familiensilber naiv verscherbeln.

    Über den Tellerrand gucken, Strategien und Raumplanung gezielt angehen und dem historisch herangeführten Wildwuchs Einhalt zu gebieten, das sind die großen Herausforderungen, die es anzunehmen gilt. Mut und Taten sind gefragt und nicht Unterlassertum. Wenn die Regierung erkennen würde, dass sie den Hotels nicht bedingungslos ausgeliefert sind sondern es auch im Interesse der Hoteliers liegt, gemeinsam gute Ragmenbedingungen zu schaffen, wäre vieles auf gutem Weg.

  • #3

    Gisela W. (Montag, 25 März 2019 15:52)

    Wie kann man das denn positiv für die Zukunft verändern? Gibt es da Pläne, die auch wirklich durchgeführt werden können. Diese Insel macht sich doch selbst kaputt. Das ist so schade.
    Ich hatte irgendwo von einer Petition wegen dem Abwasser gelesen, die abgeschlossen war - was hat sich dadurch ergeben? Kann nichts weiter finden. Das mit den Kreuzfahrtschiffen finde ich katastrophal - warum wird es nicht verboten, immer noch größere Schiffe zu bauen? Mein Wunsch für Teneriffa: liebe Politiker und Zuständige, macht eure Insel wieder zu einem paradiesischen Ort und lasst euch nicht von "anderen" zwingen oder überreden, Dinge zu tun, die der Insel schaden.
    Alles Liebe
    Gisela

  • #4

    Sofia (Sonntag, 09 Februar 2020 22:08)

    Ich kann es nicht verstehen, wie sich Menschen in den Touristen Burgen wohlfühlen. Für den Abtransport de Inferno muss man sich anmelden. An manchen Sehenswürdigkeiten kann man nicht anhalten, weil es schlichtweg keinen Parkplatz gibt. Große Reise Busse quälen sich durch viel zu enge Straßen im Nordosten und müssen manövrieren um überhaupt um die Kurven zu kommen... grauenhaft. Wer will das in Zukunft noch sehen????

  • #5

    Mad (Samstag, 10 April 2021 13:24)

    Ich lebe seit einigen Jahren auf Teneriffa und erkenne mittlerweile ein ganz großes Problem. Und nein, ich meine nicht Corona... dieses Problem besteht ja leider weltweit. Was ich erkenne, das sind die gegenüber Ausländern und Touristen immer unfreundlicher werdenden Tinerfenos! Das hat wirklich ganz massiv zugenommen, sei es durch Frust (aufgrund Corona) oder aus Dummheit (Bildungsmangel, fehlendes Empathieverständnis, auch Tieren gegenüber). Ich muss das leider so ganz klar formulieren, auch wenn ich das eigentlich nicht möchte. Aber es ist die traurige Realität! Freundliche Einheimische gibt es hier auch, aber anderswo deutlich mehr.
    Hätten die Einheimischen einmal mehr Freundlichkeit den geldbringenden Kunden (Touristen) oder Zuwanderern (Reiche) übrig, dann wäre Teneriffa ein deutlich besserer Ort, auch mit Corona. Aber nein, man schimpft auf Spanisch über Ausländer (im Beisein der Ausländer, da sie es ja selten verstehen). Aber nein, man serviert in Restaurants bei Ausländern gezielt gammelige, alte Zutaten (ebenfalls schon mehrfach selbst erlebt). Aber nein, man blockt bei Sprachproblemen gleich stur ab oder wird gar frech. Aber nein, man beißt bei jeder sich bietenden Gelegenheit in die Hand, die Einen füttert.
    Das sind zwar alles eher kleinere Probleme und Zwischenmenschlichkeiten, die sich aber derzeit drastisch hochschaukeln und für Zündstoff sorgen. Insbesondere die Altersklasse der ab 40-jährigen Tinerfenos genoss häufig noch gar keine Schulbildung (Schulpflicht hier erst seit den 90ern!!!), was man eben nicht nur am Verstand, sondern auch am Verständnis in Sachen Empathie merkt. Wenn hier nicht sensibler nachgedacht wird, wie man sich gegenüber seiner Einnahmequelle zu verhalten hat, wird diese Quelle auch bald nicht mehr besonders großzügig reagieren. Jedes asiatische Land versteht hier eindeutig mehr von Servicegebaren und Umgangston, als die hysterischen Tinerfenas oder die rüpelhaften Tinerfenos.
    Das musste längst einmal gesagt sein.

  • #6

    Julia (Sonntag, 08 Oktober 2023 16:56)

    Hast vollkommen recht Mad!!!
    Das war nun mein letzter teneriffa urlaub, man fühlt sich hier nicht mehr willkommen..deswegen hab ich auch kein bock mehr auf dieser abgef***ten insel